Die finanzielle Lage der Stadt Leipzig spitzt sich zu. Seit zwei Jahren kann die Stadt Investitionen nur noch durch neue Schulden finanzieren, während die Genehmigung des Haushalts zunehmend ins Wanken gerät. Ursache sind stark steigende Sozialausgaben, die Leipzig ohne ausreichende Unterstützung von Bund und Land tragen muss. Eine umfassende Anfrage der Linksfraktion im Stadtrat soll nun klären, wie groß das Defizit tatsächlich ist und in welchen Bereichen es entsteht.
Inhaltsverzeichnis:
- Torsten Bonew und die ersten Zahlen zum Defizit
- Sozialdezernat meldet 352,8 Millionen Euro Belastung
- Steigende Pflegekosten durch demografische Entwicklung
- Leipzig droht ein Haushaltsdefizit über 500 Millionen Euro
Torsten Bonew und die ersten Zahlen zum Defizit
In der Ratsversammlung am 24. September stellte Finanzbürgermeister Torsten Bonew erstmals konkrete Zahlen vor. Die Sozialkosten belaufen sich auf rund 167 Millionen Euro, die den Leipziger Haushalt überlasten. Darunter fallen vor allem steigende Ausgaben für Pflegehilfen und Unterkunftskosten, die die Stadt aus eigenen Mitteln decken muss.
Doch Bonew machte deutlich, dass dies nur der Anfang ist. Die Verwaltung arbeitet derzeit an einer detaillierten Aufstellung der Kosten, die der Linksfraktion bis Ende Oktober vorliegen soll. Ziel ist eine transparente Übersicht, welche Pflichtaufgaben unterfinanziert sind und wie stark sie den Haushalt belasten.
- Fehlende Finanzierung durch Bund und Land bei Pflichtaufgaben.
- Steigende Sozialausgaben in allen Bereichen.
- Unklare Datenlage bei den städtischen Kostenzusammenstellungen.
Sozialdezernat meldet 352,8 Millionen Euro Belastung
Bereits am 15. September legte das Sozialdezernat eine eigene Vorlage vor. Sie zeigt, wie stark Leipzigs Sozialausgaben außer Kontrolle geraten sind. Die Netto-Aufwendungen im Sozialbereich betragen laut Bericht zum 30. Juni 2025 rund 352,8 Millionen Euro (inklusive KSV-Umlage). Diese Zahl übertrifft die bisherigen Prognosen deutlich.
In der Vorlage VIII-DS-01428 wird festgehalten:
„Die Netto-Aufwendungen im Sozialbereich betragen gemäß V-Ist zum 30.06.2025 rund 352,8 Mio. EUR (inkl. KSV-Umlage). Es handelt sich um Pflichtaufgaben ohne jegliche Finanzierungsbeteiligung durch Bund oder Land.“
Damit wird klar, dass Leipzig ohne externe Unterstützung kaum noch in der Lage ist, diese Ausgaben zu tragen. Das Sozialdezernat warnt, dass ohne Kürzungen in anderen Bereichen eine Finanzierung nicht mehr möglich ist.
| Bereich | Geplante Ausgaben 2025 (in Mio. EUR) | Tatsächliche Ausgaben Juni 2025 (in Mio. EUR) | Differenz |
|---|---|---|---|
| Hilfe zur Pflege | 25 | 37 | +12 |
| KSV-Umlage | 152,5 | 213,5 | +61 |
| Gesamt Sozialbereich | 326,8 | 352,8 | +26 |
Steigende Pflegekosten durch demografische Entwicklung
Ein Hauptgrund für die Zunahme der Ausgaben liegt in der demografischen Entwicklung. Immer mehr Leipzigerinnen und Leipziger erreichen ein hohes Alter und benötigen Pflegeleistungen. Viele können die Kosten für stationäre oder ambulante Pflege nicht selbst tragen, weshalb die Stadt einspringen muss.
Das Sozialdezernat berichtet: „Die Mehraufwendungen je Leistungsfall im Bereich der ambulanten Pflege liegen bei 10 %. Wegen der anhaltenden Kostensteigerungen und der demografischen Entwicklung wird von einer Fortsetzung dieser Entwicklung ausgegangen.“ Gegenüber dem Plan 2025 rechnet die Stadt mit Mehraufwendungen von etwa 6 Millionen Euro. Eine Beteiligung von Bund oder Land erfolgt nicht.
Die Linksfraktion im Stadtrat hat bereits weitere Nachfragen gestellt, um die Entwicklung bis September nachzuvollziehen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die tatsächlichen Kosten weiter steigen.
Leipzig droht ein Haushaltsdefizit über 500 Millionen Euro
Die bisherigen Berechnungen zeigen nur einen Teil des Problems. Neben den 352,8 Millionen Euro im Sozialbereich müssen noch zusätzliche Mehrkosten aus anderen Dezernaten berücksichtigt werden. Finanzexperten gehen davon aus, dass die Gesamtsumme deutlich über 500 Millionen Euro liegen könnte.
Ohne einen finanziellen Ausgleich von Bund und Land wäre Leipzig gezwungen, Investitionen zu kürzen oder neue Schulden aufzunehmen. Schon heute reichen die Mittel nicht aus, um Pflichtaufgaben zu erfüllen und gleichzeitig notwendige Zukunftsprojekte zu finanzieren.
Die Stadtverwaltung will bis Ende Oktober eine vollständige Kostenübersicht vorlegen. Erst dann wird klar, wie groß das tatsächliche Haushaltsloch ist – und welche Maßnahmen notwendig sind, um Leipzigs Finanzen zu stabilisieren.
Quelle: LEIPZIGER ZEITUNG