Mehr als 800 Anzeigen über Mietwucher in Leipzig haben die Stadtverwaltung gezwungen, konkrete Schritte zu unternehmen. Der Ursprung liegt in der sogenannten Mietwucher-App, die nach dem Frankfurter Vorbild von der Linksfraktion im Bundestag ins Leben gerufen wurde. Sie liefert belastbare Zahlen zum Ausmaß überhöhter Mietpreise in deutschen Großstädten. In Leipzig führte das zur Einrichtung einer neuen Stelle im Sozialamt. Die Stadt übernimmt nun Verantwortung, nachdem lange Zeit die Mieter selbst auf sich gestellt waren.
Inhaltsverzeichnis:
- Soziale Ungleichheit durch fehlende Mietkontrollen
- CDU-Stadtrat Dossin und die Diskussion um Zuständigkeiten
- Neue politische Mehrheiten und Initiativen
- Leipzig folgt dem Beispiel anderer Städte
Soziale Ungleichheit durch fehlende Mietkontrollen
Mietwucher ist gesetzlich verboten, doch der Paragraph 5 im Wirtschaftsgesetz greift kaum. Zwar existiert der Paragraph seit 1872, aber eine konsequente Anwendung fand bisher kaum statt. Mieter mussten bisher selbst aktiv werden, was viele wegen finanzieller oder psychischer Belastung nicht konnten. Gerade einkommensschwache Haushalte sind besonders betroffen. Sie geraten oft in Zahlungsschwierigkeiten, wenn die Mieten plötzlich steigen.
Obwohl es in Leipzig einen Mietspiegel gibt, ignorieren viele Vermieter die dort festgelegten Richtwerte. Beschwerden wurden selten verfolgt. Das Sozialamt schätzte die Zahl der betroffenen Fälle lange Zeit zu niedrig ein. Erst mit der Einführung der App wurde sichtbar, wie groß das Problem ist.
CDU-Stadtrat Dossin und die Diskussion um Zuständigkeiten
Am 21. Mai sorgte die Ratsversammlung für Klarheit. CDU-Stadtrat Falk Dossin stellte die Pflicht der Stadt zur Ahndung von Mietwucher infrage. Seine Aussage stützte sich auf eine Formulierung des Sozialamts, die als Hinweis auf Freiwilligkeit interpretiert wurde. Doch Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch stellte klar, dass es sich um eine gesetzlich verpflichtende Aufgabe handelt.
Wenn ein Mietwucherverstoß bestätigt wird, muss die Stadt handeln. Ordnungswidrigkeiten führen in der Regel zu Bußgeldern. Bei Wiederholung kann es zu gerichtlichen Verfahren kommen. Leipzig hatte bis 2024 nur eine einzige Anzeige registriert. Die neue App brachte über 800 Verdachtsmeldungen in kurzer Zeit.
Neue politische Mehrheiten und Initiativen
Grüne, Linke und SPD reagierten mit einem gemeinsamen Antrag auf die neue Faktenlage. Sie forderten, dass der Oberbürgermeister auch auf Bundesebene aktiv wird. Ziel ist es, die Anwendung des Paragraphen 5 zu vereinfachen. Unter anderem soll die Nachweispflicht für ein geringes Wohnraumangebot entfallen. Außerdem soll der Rahmen für Bußgelder erhöht werden.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Weickert warf der linken Ratsmehrheit vor, den Wohnungsbau in Leipzig zu blockieren. Dem widersprachen Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Linken und Grünen deutlich. Mit der stadteigenen Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft wird gezielt bezahlbarer Wohnraum geschaffen.
Am Ende stimmte der Stadtrat mit 29 zu 21 Stimmen für den Antrag von Grünen, Linken und SPD. Neun Ratsmitglieder enthielten sich. Der ursprüngliche Verwaltungsstandpunkt erhielt mit 28 zu 28 Stimmen keine Mehrheit. Damit setzt Leipzig ein deutliches Zeichen gegen Mietwucher.
Leipzig folgt dem Beispiel anderer Städte
Frankfurt und Freiburg haben bereits vergleichbare Maßnahmen ergriffen. Leipzig ist kein Einzelfall, aber nun ein weiteres Beispiel für kommunales Handeln gegen überteuerte Mieten. Die Stadt will Betroffene schützen und rechtliche Instrumente konsequent nutzen. Die Debatte zeigt, dass politische Initiativen auch auf lokaler Ebene Wirkung zeigen können, wenn Zahlen und öffentlicher Druck konkrete Handlungen erzwingen.
Quelle: Leipziger Zeitung